„Zolleriaden“ mit Ingeborg Drews, Ali Haurand und Gerd Dudek | 25.05.2003

Neuburger Rundschau | Dr. Tobias Böcker
 

„Werden auch drüben Walzer geschrieben?“ Eine innige Reminiszenz an den 1998 verstorbenen Attila Zoller durch die Schriftstellerin und Lyrikerin Ingeborg Drews vergegenwärtigte den Menschen und Musiker Attila Zoller. Der „kosmopolitische Dorfbua“ aus dem ungarischen Visegrad, dessen Lieblingsvokabel „immens“ dem Festival zu seinen Ehren den Namen gab, war nicht nur ein stilbildender Jazzgitarrist, sondern auch eine besonders bemerkenswerte Persönlichkeit.

Musikalisch gestaltet wurde die Matinee im Birdland Jazzclub von dem Saxophonisten Gerd Dudek und dem Bassisten Ali Haurand. Das Duospiel hat seinen eigenen Reiz, stellt die Balance zwischen Aktion und Reaktion, individuellem Ausdruck und sensiblem Zuhören, Einzigkeit des Einzelnen und Ganzheit des Ganzen in unvergleichbarer Weise auf die Probe, riskant und immer auf dem Drahtseil. Vielleicht spielte auch Attila Zoller deshalb so besonders gern im Duo, weil es die Aufmerksamkeit des musikalischen Dialogs so intensiv konzentriert. So waren die Dialoge zwischen Dudek und Haurand, die Dialoge zwischen Texten und Musik und die Dialoge Ingeborg Drews mit Attila Zoller, die sich im Birdland ergaben, von starker Eindrücklichkeit.
Ali Haurand variiert Ton, Ausdruck und Feeling, stellt eine beträchtliche Bandbreite an Sounds und Farben dar, Dudek gibt dem Soprano wie dem Tenorsaxophon Klangreichtum und eine expressive Emotionalität, die jedoch nie sentimental wirkt, denn: „Eine verordnete Harmonie erschlägt uns mehr als die gewöhnliche Dissonanz.“

Beide gehen dabei gleichzeitig so emphatisch aufeinander ein, wie es nur eine langjährige musikalische Partnerschaft ermöglicht. Mit der Lesung von Ingeborg Drews erweitert sich der Dialog der Musiker zum Dialog der Musik mit den Texten, ihren Gedanken, Melodien, Bildern und Gefühlen. „Gitarrentöne spitz, / mokant. Ein Schmerz, / der in die Saiten greift. / Ins unverriegelbare / Ohr klingen Akkorde / von Attila Zoller.“ Musik bringt das Seelenleben auf den Punkt. Das Brodeln unter der „feschen Kiss die Hand Madame“ Schale weiß um das Unebene. „Wenn zu viel des Guten kommt, kommt der Kitsch.“ Dem wollte sich der ahasvernde heimatlose Fortgegangene weder an der Donau, noch an Main, Rhein oder Hudson aussetzen, nie die künstlerische Existenz dem Kompromiss opfern. „Ein Fremder ist der Künstler, als Musiker dazu ein Vagabund, wissend, dass er die Ausnahme lebt.“ Arm wären wir ohne ihn. Aber Ingeborg Drews ist fest überzeugt, dass sie ihn sagen hört: „I bin ja da!“