Wolfgang Lackerschmid & The Brazilian Trio | 03.06.2023

Donaukurier | Karl Leitner
 

Manchmal passt es einfach. Draußen kündigt sich mit Traumwetter der nahende Sommer an, drinnen liefern Wolfgang Lackerschmid & The Brazilian Trio den perfekten Soundtrack zu Strand, Meer und Palmen und allmählich macht sich auch bei den Besuchern im nahezu ausverkauften Birdland Jazzclub in Neuburgs Altstadt Urlaubsstimmung breit. Auch wenn manch einer im Saal die nach diesem letzten Termin der Konzertsaison 2022/23 drohende Jazz-Abstinenz wohl eher nicht so toll finden wird. Kein Jazz im Birdland bis in den September hinein? – Kaum auszuhalten.

Lackerschmid, als Viruose am Vibraphon und als Komponist einer der führenden europäischen Vertreter an seinem Instrument, und seine aus Brasilien stammenden und in New York lebenden Begleiter, der wieselflinke und immens einfallsreiche Pianist Hélio Alves, der unerschütterliche und markante Kontrabassist Nilson Matta und der einfühlsame Filigrantechniker Duduka da Fonseca am Schlagzeug, liefern den perfekten Schlussakkord mit Samba, Rumba, Bossa Nova und Baião, sorgen mit unerschütterlichen und doch so herrlich leichtfüßigen Grooves für einen federnden Puls, dem alles abgeht, was irgendwie an Zwang, Verbissenheit und Kraftanstrengung denken lässt. Das liegt an den entspannten, unaufgeregten und doch so ungemein zwingenden Stücken selbst, die aus dem Fundus aller Beteiligten stammen. Lackerschmid’s „Cruise Control“, das wegen seiner verminderten Akkorde so herrlich unter die Haut kriecht, „Paraty“ aus der Feder Matta’s, mit dem der Dreivierteltakt eine ganz neue Bedeutung bekommt, Da Fonseca’s „Manhattan Style“ mit seiner herrlich subtilen, dezenten Strömung, schließlich Alves‘ „Ubatuba“ über die gleichnamige Stadt zwischen Rio und Sao Paolo, einem Stück, das augenblicklich Fernweh erzeugt.

Es lebe der Puls, der gleichermaßen mitreißende, süffige wie entspannte Flow, es lebe diese Rhythmusgruppe, die ihn so unwiderstehlich hinbekommt, dass er auf das Publikum wirkt wie ein Bazillus. Fast keiner ist im Saal, der nicht mit wenigstens einem Körperteil mitgrooven würde, dem virtuosen Zusammenwirken von Vibraphon und Piano folgen und sich nicht beteiligen würde am immer wieder spontan einsetzenden Szenenapplaus. Ja, diese Band funktioniert in der Tat hervorragend, jeder reagiert auf jeden, verrät bei aller Leichtigkeit absolute Perfektion, um die niemand kämpfen muss, die einfach da ist und Lust auf mehr und immer noch mehr macht. Auch deswegen, weil die Band mit dem fast schon poppigen „Daily Rose“ ihr Publikum nicht ohne einen veritablen Sommerhit in den Urlaub entlässt.

Irgendwann freilich ist auch dieses Fest des Latin Jazz vorbei, das Birdland schließt für drei Monate seine Pforten und das Publikum kann entferntere Ziele als die Neuburger Altstadt ansteuern. Vielleicht geht’s ja sogar dorthin, wo die Musik des Abends ursprünglich herkommt. Am 8. und 9. September freilich geht’s im Keller unter der ehemaligen Hofapotheke wieder los und auf in die neue Konzertsaison. Das Quintett des weithin gerühmten Tenorsaxofonisten Scott Hamilton hat sich für zwei Abende angesagt und wird mit Sicherheit gleich zum Anfang für ein Ausrufezeichen sorgen.