The European All Stars feat. David Hazeltine
„The Music Of Cedar Walton“ | 05.06.2021

Neuburger Rundschau | Peter Abspacher
 

Der Satzanfang „Je später der Abend…“ lässt sich auf auf verschiedene Art ergänzen,
mehr oder weniger geistreich. Für den Auftritt dreier europäischer Star-Jazzer mit der New Yorker
Klavier-Legende David Hazeltine im Neuburger Birdland gilt jedenfalls: Je länger dieses Quartett musizierte, umso intensiver wurde der Sound, umso charmanter der Swing, umso überzeugender der innere Drive.

Was sich da im Jazzkeller abspielte, wurde gleich beim ersten Song im Kleinen erlebbar. Der Mann am Bösendorfer-Flügel und seine drei Mitstreiter Piero Odorici (Saxofon), Aldo Zunino (Bass) und Bernd Reiter (Schlagzeug) fanden auf subtile Weise zueinander. „Simply pleasure“ als Titel des Eingangsstücks hätte kaum besser gewählt werden können. Es bereitet einfach Freude oder Vergnügen, dass nach langen, dunklen Monaten überhaupt wieder gespielt werden darf, dem Publikum genauso wie den Musikern. Und zugleich ist dieses „einfach nur Vergnügen“ nicht so simpel, sondern fordernd und auch ein wenig kompliziert.

Bernd Reiter ist ein famoser Schlagzeuger, stark in den leisen Tönen und mit Gefühl, wenn es mal wilder zugeht. Und das Edelgewächs aus der Grazer Jazz-Schule strahlt mit seiner Körperspannung und einer ansteckend fröhlichen Mimik auf Zuhörer und Mitspieler positive Energie ab. Piero Odorici am Saxofon ist ein Virtuose mit hochmusikalischem Verstand, der alles in seinen Bann ziehen kann, im lyrischem Melos genauso wie bei Tonkaskaden, denen das Ohr eigentlich nicht mehr zu folgen vermag.

Und einen so facettenreichen Bassisten wie Aldo Zunino, der sich auf glasklaren Rhythmus wie auf improvisatorische Kühnheiten gleich gut versteht, wird man nicht oft finden. Drei „European Allstars“ also, wie es nicht zu Unrecht im Programmheft heißt. Und die sollen nun den vierten Mann am Piano gleichsam musikalisch tragen, ihn zu Glanz und Geltung bringen, ohne selbst zu sehr zu verschwinden. Kein leichtes Unterfangen, zumal wenn es um eine spezielle Stilrichtung des Swing geht, die Piano-Altmeister Cedar Walton in den großen Garten der Jazz-Welt eingepflanzt hat.

Manches wirkt da anfangs und auch mal zwischendurch etwas tastend, der Pianist wirft seinen drei Co-Stars kleine Motive zu, als Frage und als Ermunterung. Die greifen die Einladung zum Tanz gerne auf – je länger diese Annäherung an einen runden Quartett-Sound währt, umso mutiger, kreativer und gelegentlich auch im besten Sinne übermütig. Der Bassist zum Beispiel erlaubt sich bei seinen hinreißenden Soli den Spaß, eine Schlusswendung anzudeuten, der Pianist und die beiden anderen stellen sich schon darauf ein, sanft wieder einzusetzen – da biegt Zuzino noch einmal in die andere Richtung ab. Ein musikalischer Genuss und ein Gaudium für die Jazzer auf der Bühne.

Das sind keine Gags, die nur auf Effekt angelegt wären, solche Details machen diesen Swing leicht und spannend. An einem kollegial-kreativen Wettstreit wachsen alle vier Musiker, bis sie im Kollektiv glänzen. Am schönsten im letzten Song „Holy land“. Musik als das gelobte Land, über zwei Stunden angesteuert und am Ende (annähernd) erreicht.