Max Greger jr. Trio | 24.05.2024

Neuburger Rundschau | Peter Abspacher
 

Bernd Reiter ist ein Schlagzeuger der obersten Kategorie und im Neuburger Birdland so etwas wie ein Stammgast. Der Vollblutjazzer aus Graz sagte am Ende eines wunderbaren Konzerts nur zwei kurze Sätze. Jazz is as good as the club, so lautete die eine Bemerkung. Der andere: So spielen nicht viele Klavier – und die meisten, die so gut gespielt haben, sind schon gestorben.

Damit hat Reiter den Zauber dieses Jazz-Events auf den Punkt gebracht. Die Atmosphäre im Birdland-Keller, die unmittelbare Nähe der Musiker und des Publikums, eine Nähe nicht nur im räumlichen Sinne, schafft oft genug schon alleine eine Qualität, die herausragend unter den Jazz-Clubs ist. Und was den Pianisten Max Greger mit seinen inzwischen auch schon 72 Jahren und seiner unvergleichlichen Erfahrung aus der Bigband seines berühmten Vaters angeht, so gilt: Einen besseren, einen kreativeren Jazzpianisten wird man schwerlich irgendwo finden.

Und zugleich keinen, der in einem Trio den dominanten Part innehat, aber nie dominant auftritt, nie auch nur im Ansatz den Eindruck erweckt, dass hier der berühmte Sohn eines noch berühmteren Vaters eingeschwebt ist, um sein Können zu zeigen. Max Greger nimmt sich nicht wichtiger als seine Compagnons am Bass (Markus Schlesag) und am Schlagzeug (Bernd Reiter). Die drei auf der Birdland-Bühne sind jeder für sich Jazzer durch und durch. Daraus formt sich ein Trio, wie es idealerweise sein soll. Da wird miteinander musiziert, nicht in einzelnen, tollen Solopassagen geschwelgt.

Im Grund spielt dieses Trio „nur“ Standards etwa von Duke Ellington, Lester Young oder Oskar Peterson und George Gershwin. Und sogar bekannte „Schlager“ von Friedrich Hollaender und Horst Jankowski sind zu hören. Die umwerfende Wirkung des Max Greger Trios liegt darin, wie aus diesen Melodien und Kompositionen durch raffinierte Verfremdung, durch grandiose Improvisationskunst und aus dem Augenblick geborenen musikalischen Witz etwas erfrischend Neues, Aufregendes wird.

Da bekommt man eben nicht zu hören, was man so ähnlich schon oft gehört hat. Auch das wäre ja schon etwas, denn man hat diese Standards ja immer wieder gerne und mit Genuss gehört. Das Max Greger Trio bietet ungleich mehr als die Erinnerung an schöne Musik, die einen Wohlfühlabend garantiert.

Nehmen wir „On the street“ aus dem Musical My Fair Lady, „Night train“ oder die Ballade „What`s new“. Greger, Schlesag und Reiter nehmen diese Standards, die eine starke Substanz haben, musikalisch ernst – und spielen zugleich in einer frechen, gekonnten und an vielen Stellen auch ein wenig mutig-verrückten Art mit dem Sujet. Es bereitet intellektuelle Freude, genau zuzuhören und den vielen kreativen Pfaden nachzuspüren, die das Trio um die Originale herum, von ihnen weg und plötzlich wieder zurück beschreitet.

Besonders ausgeprägt ist dieses Vergnügen beim Publikum und bei den Akteuren selbst, wenn es um Stücke geht, die nicht unbedingt mit Jazz verbunden sind: Die „Schwarzwaldfahrt“ des Horst Jankowski, mit ihren eher lieblichen, süffigen Melodien und das von Marlene Dietrich berühmt gemachte „Ich bin von Kopf bis Fuß auf Liebe eingestellt“ Friedrich Hollaenders sind für sich genommen zurecht beliebt und berühmt. Im Klavierspiel von Max Greger (der hier zwangsläufig die entscheidende Rolle spielt) werden daraus tolle, verblüffende, durchaus artifizielle und doch direkt ins Gemüt gehende Preziosen.

Es stimmt eben: So mit den Tasten umzugehen verstehen nur sehr wenige.