Mallets & Friends „The Great Vocalists Of Jazz“ | 02.02.2024

Donaukurier | Karl Leitner
 

Die Ausgangslage für eine Band ist denkbar ungünstig, wenn eine ihrer tragenden Säulen wegbricht. Bislang definierten sich Mallets & Friends, die Regionalband mit Musikern aus Neuburg, Eichstätt und Ingolstadt, hauptsächlich durch zwei Säulen. Die eine ist Bernhard Reitberger und sein Vibraphon, die andere war Sängerin Angelina Siegert. Letztere ist seit kurzem nicht mehr dabei und Mirelle Hanke übernimmt nun ihren Part.

Das bedeutet, weil man die beiden Sängerinnen nun so gar nicht miteinander vergleichen kann, einen kompletten Umbruch innerhalb kürzester Zeit. Man kann nur den Hut ziehen vor dem Altsaxofonisten Christof Zoelch, dem Kontrabassisten Ted Matschi, dem Schlagzeuger Tom Diewock sowie vor Reitberger und Hanke, dass er so gut geklappt hat. Die Unterschiede sind evident. Da ist die voluminöse, soulgetränkte, bluesige, offensive Stimme Siegerts, bei der man sich oft vorkam, als säße man in einem verqualmten New Yorker Club in Harlem, in dessen Hinterzimmer undurchsichtige Gestalten undurchsichtigen Geschäften nachgingen. Mit Hanke und ihrer klaren, feinen, jazznahen, Stimme befindet man sich eher in der No Smoking-Lounge eines vornehmen 5 Sterne-Hotels in der 5th Avenue.

Das bedeutet, dass innerhalb kurzer Zeit in Vorfeld des Birdland-Konzerts so ziemlich alles umzustellen war. Anderes Repertoire aus anderen Quellen, angepasst an eine neue Stimmlage, anderer Sound aufgrund neuer stimmlichen Ausrichtung, neue Spielform wegen Hankes vergleichsweise eher zurückhaltendem Temperaments. Eigentlich präsentiert sich da an diesem Abend eine völlig neue Band, für die Songs wie „Moanin’“ und „Fever“ aus dem alten Programm nicht mehr in Frage kämen. „The Great Vocalists Of Jazz“ heißt die neue, ganz auf Hanke zugeschnittene Songauswahl, die Klassiker wie „Ellington’s „Take The A-Train“ und Holiday’s „God Bless The Child“ ebenso beinhaltet wie „Cheek To Cheek“ und „As Time Goes By“, zeitlich aber bei Miles Davis und Charly Parker endet.

Die Band weiß, dass Hanke ungleich mehr Platz braucht als ihre Vorgängerin, um ihre Songs zu präsentieren. Deswegen ist Zurückhaltung angesagt. Bei den Gesangsparts wird das Quartett zur Begleittruppe, das den akustischen Teppich für sie ausrollt. Der Text und der Inhalt der jeweiligen Nummer und die Anekdoten um sie herum, auf die Reitberger in seinen Ansagen immer wieder hinweist, sind in diesen Passagen das Wichtige, die Soli bestimmen nach alter Gewohnheit dann den Mittelteil der Stücke. Je zurückhaltender die Band agiert, desto deutlicher werden Hankes Stärken im Ausdruck und in der Interpretation. Deswegen sind Cole Porter’s „Love For Sale“ und Hoagy Carmichael’s „The Nearness Of You“ die intensivsten und vielleicht auch richtungsweisendsten Stücke des Abends.

Bedenkt man, dass das zweistündige Birdland-Konzert das allererste unter den neuen Bedingungen ist und deswegen natürlich auch erst mal ein Versuchsballon, machen alle Beteiligten ihre Sache erstaunlich gut. Gerade Jazzmusiker können sich ja erfahrungsgemäß schnell auf neue Situationen einstellen, was ihnen in diesem Fall zweifelsohne zugute kommt. Zwei eingeforderte und auch gewährte Zugaben belegen, dass das neue Konzept aufgeht. Mit dieser Band wird weiterhin zu rechnen sein.