Samo Salamon – Time Berne – Tom Rainey | 02.03.2008

Neuburger Rundschau | Dr. Tobias Böcker
 

Was für Feinschmecker – solche mit eher besseren Nerven! Irgendwo zwischen Slowenien und New York liegt der Mittelpunkt eines eigenwilligen Paralleluniversums, in dem die Atome und Elemente eine Spur neben der Spur ticken. Abenteuer warten auf jedem Weg und Steg, wenn Samo Salamon, Gitarre, Tim Berne, Altsaxophon, und Tom Rainey, Schlagzeug, sich auf große Fahrt begeben.

Da bricht die Gegenwart in den Jazzclub in Neuburgs beschaulicher Altstadt, der nervöse Puls der Metropole flattert in den ehrwürdigen Keller unter der Hofapotheke, Härte 10 bei Windstärke n plus 1. Drei Mann auf dem Trip ins Ungewisse, Leinen los und ab die Post. Das klingt zuweilen wie weiland selige Free-Jazz-Zeiten, deutlich strukturierter zwar, aber ähnlich verwirrend und ungestüm.

„Ode to a broken pencil“: Manchmal sind es die kleinen Dinge des Alltags, die die Chaostheorie erhärten und jene Wirklichkeit manifestieren, der wir alle ausgeliefert sind im globalisierten Spiel der Kräfte: Wehe, wenn sie losgelassen! Falls wir das überhaupt noch mitkriegen, bevor wir endgültig überrollt werden.

Zurück zur Musik, die sich kaum in Worte fassen lässt, zu heftig, zu komplex, zu konsequent außerhalb unmittelbar erwartbarer Hörgewohnheit, zu aufregend, zu anregend andererseits. Freilich finden sich Elemente des Bebop, des Jazzrock, der Avantgarde der 60er und 90er. So manche weit geschwungene auskomponierte Phase fordert mit aller Tücke des Objekts Ohr und Hirn nicht weniger als die rasanten improvisierten Parts. Ziemlich rockig das Ganze, schwer, druckvoll, rauh, ohne Zweifel am Puls und auf der Höhe einer mehr als verrückten zeit. Wohl dem, der zuhören darf, wenn heute schon Musik von morgen gespielt wird.