Maria Baptist Quintet | 12.04.2024

Donaukurier | Karl Leitner
 

Es scheint, als könne Maria Baptist tatsächlich alles. Und zwar alles auf höchstem Niveau. Die Pianistin, Komponistin, Bandleaderin und Dirigentin aus Berlin, die einige Jahre in New York lebte und auf Konzerte in über 20 Ländern weltweit zurückblicken kann, gibt es vor Publikum und auf Tonträgern als Solistin, im Duo, im Trio, im Quartett, mit Big Band und Orchester und – wie im Neuburger Birdland-Jazzclub – als Chefin eines Quintetts mit Jan von Klewitz am Altsaxofon, Richard Maegraith am Tenorsaxofon und an der Bassklarinette, Fabian Timm am Kontrabass und Julian Fau am Schlagzeug.

Ein Konzert bedeute für sie, eine Verbindung zum Publikum einzugehen, sagt sie. „Worauf es letztlich ankommt, ist die Hingabe an den jetzigen Moment. Dann kann Musik etwas bewirken: ein Gefühl des Glücks, des inneren Friedens.“ Hohe Ansprüche, in der Tat, aber Baptist erfüllt sie in allen Belangen, denn sie legt nichts weniger als ein sensationelles Konzert hin, ein Geschenk für den Kopf, die Seele und den Körper jedes einzelnen im Publikum. Im Eingangsbereich sind viele ihrer Tonträger zu erwerben, darunter auch die live in Berlin aufgenommene Doppel-CD mit dem Titel „Essays On Jazz“. Wer sich die mit nach Hause nimmt, hat sich quasi den ganzen Auftritt dauerhaft gesichert, ist deren Inhalt doch sogar bezüglich der Reihung der elf Stücke identisch mit den beiden Sets im Birdland-Gewölbe. Was ausdrücklich nicht bedeutet, dass jene, die sich alle auf eine Laufzeit von um die zehn Minuten erstrecken, an sich identisch wären. Nein, der Improvisation sind Tür und Tor geöffnet, und die ändert sich von Auftritt zu Auftritt, was ja den Charme und Einzigartigkeit von Jazz überhaupt erst ausmacht.

Die beiden Saxofonisten passen ideal zueinander, Kontrabass und Schlagzeug sind ein echtes Dreamteam, Maria Baptist eine Pianistin, der absolut nichts fremd ist, die immer wieder Sachen spielt, bei denen man sich verwundert die Augen reibt, wobei ihr leichter, fließender Ton freilich längst ihr Markenzeichen geworden ist. Ihre Stücke sind Kunstwerke, in die man sich glatt verlieben könnte. Luftig, transparent, nachvollziehbar trotz aller Finessen. Der Klang und die Kraft des John Coltrane Quartetts und die Polyphonie eines Gil Evans habe sie gleichermaßen geprägt, sagte sie einmal, und sie versuche, in ihrer Musik die Balance zwischen diesen beiden Welten zu finden.

Wobei es beim Versuch natürlich nicht bleibt. Balladeske, kammermusikalische Stücke wie „After The Darkness“ und „The Bright And The Dark“, rasante, zupackende Kompositionen wie „Longing“ oder „Running“, dazwischen fast symphonische Überleitungen – die Streubreite ist offensichtlich, und doch fügt sich jeder einzelne Baustein mit den anderen zusammen zu einem großartigen Ganzen, zu einem „Essay On Jazz“, für den es, hätte man es an diesem Abend mit Literatur zu tun, auf jeden Fall – allein schon als Anerkennung für die Schönheit der Kompositionen – einen hochdotierten Preis gegeben hätte. Und für die makellose, elegante, stilvolle und absolut tighte Ausführung gleich noch einen obendrauf. „Ein Erlebnis!“ versprach die Vorankündigung zum Konzert im Programmheft des Birdland-Jazzclubs. Und nachdem der letzte Ton verklungen ist, kann die Antwort nur heißen: „Genau das war es!“