Christian Sands Quartet | 02.03.2024

Neuburger Rundschau | Thomas Eder
 

Als im Mai 2015 das Trio des amerikanischen Bassisten Christian McBride das Publikum im Birdland Jazzclub beeindruckte, schwärmte ein Gast beim Hinausgehen, dass schon alleine der Klavierspieler den Eintritt wert war. Der junge Mann am Piano war Christian Sands der letztes Wochenende mit seinem Bruder Ryan Sands am Schlagzeug, dem Bassisten Jonathan Muir-Cotton und dem Gitarristen Max Light erstmals als Bandleader erneut einen nachhaltigen Eindruck in Neuburg hinterließ.

Als regelmäßiger Jazzkonzertbesucher könnte man meinen, schon jede Art von Pianospiel zu kennen. Es gibt die sanften Tastentupfer, die Akkordhämmerer, die klassisch Angehauchten, die Über-die-Tasten-Perler, Stride-Pianisten oder avantgardistische Tonfinder. Und es gibt Christian Sands, der mit seinem klaren, kraftvollen und herausfordernden Spiel eine unverwechselbare Note hinterließ und selbst kundige Besucher eines Besseren belehrte. Als die Band mit „I mean you“ von Thelonious Monk einstieg wurde sofort klar, dass hier eine Piano-Koryphäe der nächsten Generation auf der Bühne sitzt. Das Stück verwandelte sich alsbald in einen dicht gewobenen Soundteppich, in den man hineingezogen und durchgewirbelt wurde ohne zu wissen wohin die Reise führt. Für dieses Gefühl war vor allem der Rest der Combo verantwortlich. Eine Gitarre die sich einfach unbemerkt einmischte, dann aber unisono mit dem Bandleader in einem Höllentempo die komplizierte Rhythmik Monks punktgenau verdoppelte. Es war tatsächlich live und nicht einprogrammiert. Wahnsinn. Max Light fiel den ganzen Abend hindurch mit mitreißenden Soli auf und selbst seine klammheimliche Untermalung blieb keinesfalls unbemerkt. Und dann waren da noch ein äußerst kreativer Schlagzeuger – dieser Ideenreichtum muss in der Familie liegen – und ein körperlich tiefenentspannter Bassist, der aber musikalisch mit allen Wassern gewaschen war.

Leider hatte der Abend auch einen kleinen Haken. Der Funke wollte anfangs nicht so recht zünden. Trotz einmaliger Performance blieben die Zwischenapplause streckenweise aus, was wohl der etwas übertriebenen Lautstärke der Rhythmusformation geschuldet war. Diese Musik verlangt sicher Power und die vier jungen Männer erzeugten einen atemberaubenden Drive. So kam anfangs Christian Sands nicht richtig zur Geltung, wegen dessen Pianospiel der Großteil des Publikums gefühlt doch da war. Als aber dann in der Eigenkomposition „Crash“ der Mann am Piano alleine zu hören war, spürte man erstmals eine Welle des Glücks durch die Menge schwappen. Es war im zweiten Set bei Dave Brubecks „Strange Meadow Lark“ als die Mauer brach und die Band die letzten Zweifler auf ihre Seite zog und spätestens bei Sands hymnenhaften „Embracing Dawn“ am Höhepunkt ankam, bevor der Abend mit einem „Ragtime“ Monkschen Charakters endete. Zwei Zugaben später war dann wirklich Schluss.