Eric Alexander – Vincent Herring Quintet | 16.11.2023

Donaukurier | Karl Leitner
 

Eigentlich laufen die Karrieren des Tenorsaxofonisten Eric Alexander und die seines Kollegen Vin­cent Herring am Altsaxofon wie ge­schmiert. Regelmäßige Tourneen um die ganze Welt, regelmäßige CD-Veröffentli­chungen und als Partner von Horace Sil­ver, Freddie Hubbard, Art Blakey und Dizzy Gillespie eine Vita, um die sie vie­le Kollegen beneiden würden.

Nun stehen sie gemeinsam anlässlich des aktuell laufenden Birdland Radio Jazz Festivals auf der kleinen Birdland- Bühne im Kellergewölbe unter der ehe­maligen Hofapotheke und zelebrieren unter dem Titel „The Battle“ einen dieser Wettstreite zweier Saxofonisten, wie sie einst in New York, wo auch Herring und Alexander herkommen, von Leuten wie Sonny Stitt und Eddie „Lockjaw“ Davis etabliert wurden. Wobei es natürlich nicht darum geht, wer Sieger wird, son­dern darum, zwei klangliche Farben zu­sammenzumischen und dabei jede Men­ge Spaß zu ha­ben. Und den haben so­wohl die Musiker, die erst nach zweiein­halb Stunden die Bühne verlassen, ob­wohl sie bereits früh am nächsten Mor­gen ins italienische Fer­rara aufbrechen müssen, als auch die Zu­schauer im Saal, die jede Minute genie­ßen.

Es ist gehörig Betrieb auf der Bühne. Die beiden Bläser erzeugen mächtig Druck, wenn sie ihre rasanten Be­bop-Themen vorstellen. Die versetzt arran­gierten aber absolut synchron laufenden Motive haben enorme Zündkraft, der Zu­sammenklang ist hervorragend. Und wenn sie dann solistisch zum Duell antreten, geht endgültig die Post ab. Ob­wohl Alexander im normalen Leben eher ein Balladen-Spezialist ist – seine um­fangreiche CD-Reihe unter dem Titel „Gentle Ballads“ belegt das – und Her­ring sich viel im Bereich des Modern Jazz bewegt, stehen sie bei „Uncle Ed­die“ – Eddie Harris gewidmet – solida­risch knietief im Soul Jazz und bei „You Are The Sunshine Of My Love“ getreu­lich vereint dem Soul-Pop ei­nes Stevie Won­der ganz nahe. Bei einem Wettstreit wie diesem ist jedes Mittel erlaubt, Hauptsa­che es die­nt der gemeinsamen Sa­che.

Streithähne brauchen Betreuer, Duel­lanten brauchen Sekundanten. Das sind Xaver Hellmeier am Schlagzeug und Giorgios Antoniou, perfekte Sidemen wie immer, wenn sie im Birdland spie­len, und stets ein wenig mehr als nur das. Und dann ist da noch dieser Mike LeDonne. Herring kündig ihn so an: „La­dies and Gentlemen, ein Weltklasse-Pia­nist an einem Weltklasse-Flügel!“ Womit er doppelt recht hat, denn was LeDonne aus dem edlen Instrument aus dem Hau­se Bösendorfer herausholt, ist sensatio­nell. Seine Soli sind atemberau­bend. Un­ter seinen Fingern klingt der Flügel fast wie von einem anderen Stern. Trotz so toller Stücke wie Alexander’s „Nemesis“ oder Herring’s „Preaching To The Choir“ ist seine Solo-Be­arbeitung von Mc Coy Tyner’s „For To­morrow“ so etwas wie der heimliche Battle-Winner, obwohl er gar nicht am Wettbewerb teil­nimmt, sondern quasi au­ßer Konkurrenz läuft. Was für tolle 150 Minuten!

Wer das Konzert, zumindest in Teilen, nachhören möchte, kann dies am 16. Fe­bruar 2024 in der Reihe „Jazz auf Rei­sen“ ab 23. 05 Uhr auf BR-Klassik und anschließend eine Woche lang in der BR-Mediathek tun.